Wann ist eine Betriebsratsschulung erforderlich?

Für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind solche Kenntnisse, die unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb notwendig sind, damit der BR seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sachgerecht wahrnehmen kann.

Für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind solche Kenntnisse, die unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb notwendig sind, damit der BR seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sachgerecht wahrnehmen kann.

Verfügen Mitglieder des BR hierzu nicht oder nicht in ausreichendem Umfang über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, ist der Besuch einer Schulung erforderlich.

Betriebsräteschulungen werden bei der Prüfung der Erforderlichkeit (§ 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1* BetrVG) in zwei Kategorien unterteilt:

In Grundseminare, die Grundkenntnisse des BetrVG und im allgemeinen Arbeitsrecht vermitteln sollen und in Spezialseminare, die vertiefte Kenntnisse auf einem Spezialgebiet vermitteln.

* = Kostentragungspflicht des Arbeitgebers


1. Grundseminare

Sie sind neu in den BR gewählt worden?
Haben hier noch keine Erfahrungen sammeln können?
Dann ist klar: als erstes brauchen Sie Grundlagenseminare.
Kenntnisse und Erfahrungen benötigen Sie hierfür nicht.

Vermittelt werden hier Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht und im allgemeinem Arbeitsrecht, über die jedes Betriebsratsmitglied verfügen muss.

Ansonsten wäre eine Betriebsratsarbeit i.S.d. Gesetzes überhaupt nicht möglich.

Alle BR-Mitglieder und die ersten Ersatzmitglieder haben Anspruch auf Grundkenntnisse, ohne dass es im Regelfall der Darlegung einer besonderen betrieblichen Situation, die solche Kenntnisse erforderlich macht, bedarf.

Die Abgrenzung zwischen Grundkenntnissen und Spezialkenntnissen ist im Einzelfall fließend. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) einen Beurteilungsspielraum. (BAG 9. 10. 73 – 1 ABR 6/73)

Fitting* (§ 37, Randnummer 142) warnt vor restriktiver Interpretation des Begriffes der Erforderlichkeit: Die Einräumung von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten des BR bei Entscheidungen des Arbeitgebers sei nur zu rechtfertigen, wenn der Betriebsrat die notwendigen Voraussetzungen für eine sach- und fachgerechte Ausübung seiner Rechte und Befugnisse besitze. * Kommentar zum BetrVG

Normzweck des § 37 Abs. 6 BetrVG sei es, eine „intellektuellen Waffengleichheit“ zwischen – hochgeschulten – Arbeitgebern und Betriebsrat herzustellen. (Fitting a.a.O)

In einer großen Reihe von Themenbereichen wird die „Erforderlichkeit“ praktisch immer angenommen:

• Grundlagen Betriebsverfassungsrecht


Hierzu das Bundesarbeitsgericht, BAG (15.05.1986 – AZ 6 ABR 74/83):

„Soweit eine Schulung gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG die in jedem Betrieb auftretenden Fragen über Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts, der Organisation der Betriebsratsarbeit (wie z. B. Fragen der Geschäftsführung des Betriebsrats und der Vorbereitung und Durchführung einer Betriebsversammlung (…) und der Wahrnehmung seiner regelmäßig anfallenden materiellen Beteiligungsrechte betrifft, ist ohne Kenntnis der entsprechenden betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften und ohne die Fähigkeit ihrer praktischen Anwendung einem jeden Betriebsrat gleich unter welchen konkreten betrieblichen Verhältnissen eine sach- und fachgerechte Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben nicht möglich.“ (Auszug aus der Urteilsbegründung)

 

Die Vermittlung von Grundkenntnissen beschränkt sich nicht auf Einführungslehrgänge, sondern erfasst auch spezielle, abgeschlossene Teilgebiete des Gesetzes (vgl. Däubler, § 37, Randnummer 95).
Zu dem erforderlichen Grundwissen gehören auch Seminarinhalte zu den aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung im BetrVG – ebenso wie im allgemeinen Arbeitsrecht.

Das BAG hierzu (20. 12. 1995 – 7 ABR 14/95):

„Auch die Erläuterung der aktuellen Rechtsprechung des BAG zu betriebsverfassungs-rechtlichen Fragen und deren Umsetzung in die betriebliche Praxis kann ein i. S. v. § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlicher Schulungsinhalt sein.

Hierfür muss sich der BR nicht auf ein Selbststudium anhand der ihm zur Verfügung stehenden Fachzeitschriften verweisen lassen.“

Grundkenntnisse zum BetrVG vermitteln unsere Inhouse-Seminare:

BR l . Einführung in die Arbeit des Betriebsrates.
BR ll. Handlungsmöglichkeiten des BR in der betrieblichen Personalpolitik.

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• Grundlagen allgemeines Arbeitsrecht

Die Vermittlung von Grundkenntnissen des allgemeinen Arbeitsrechts ist stets als erforderliche Kenntnisvermittlung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG anzusehen.

Eine Teilnahme an diesen Seminaren bedarf – anders als später bei Spezialseminaren – keines aktualitätsbezogenen Anlasses. (BAG vom 15.05.1986 – 6 ABR 74/83)

Und dies aus zwei Gründen:
Einmal ist das Arbeitsrecht mit dem Betriebsverfassungsrecht so eng verflochten, dass eine ordnungsgemäße Ausübung der Beteiligungsrechte ohne diese Kenntnisse nicht vorstellbar ist.

Und zum anderen überträgt der § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dem BR, also jedem einzelnen Mitglied, eine Überwachungspflicht in Bezug auf die Rechtsnormen, die zugunsten der Arbeitnehmer gelten.

§ 80 Abs. 1 BetrVG Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

Darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.

Und das setzt die Kenntnisse dieser Rechtsnormen voraus, somit auch der aktuellen Gesetzeslage und Rechtsprechung.

Grundkenntnisse zum allgemeinen Arbeitsrecht vermitteln unsere Inhouse-Seminare:

Routinierter umgehen mit Gesetzen, Urteilen und Kommentaren.
Befristungen, Teilzeit, Leiharbeit. Gute Arbeit wird zur Mangelware.
Krankheit im Arbeitsverhältnis. Arbeitsrechtliche Auswirkungen. Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM).

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• Grundlagen Arbeits- und Gesundheitsschutz

Durch das BetrVG und einer Reihe anderer gesetzlicher Bestimmungen ist eine Beteiligung des BR im Arbeits- und Gesundheitsschutz grundsätzlich angeordnet.
Umfangreiche und permanente Kontroll-, Informations-, Beratungs- und Mitbestim-mungsrechte ergeben sich aus §§ 80, 87 I 7, 89-91 BetrVG, § 5 Arbeitsschutzgesetz und § 9 Abs. 3 Arbeitssicherheitsgesetz.

„Die Vermittlung von Grundkenntnissen des allgemeinen Arbeitsrechts, insbesondere auch des Arbeitsschutzrechts ist stets als erforderlich im Sinne von Abs. 6 anzusehen.“ (Fitting, § 37 Randnummer 144).

Wesentlich bestimmt ist das Arbeitsschutzrecht durch einen Gesundheitsbegriff, der sich „nicht nur auf die klassischen technischen und medizinischen Aspekte beschränkt, sondern […] ausdrücklich körperliche Probleme und mentale und psychische Belastungen“ mit einbezieht. (Däubler*, § 87, Randnummer 175). * Kommentar zum BetrVG

Zur Erforderlichkeit der Vermittlung von Grundlagen im Arbeits- und Gesundheitsschutz
sagt das BAG (15 05.1986 – AZ 6 ABR 74/83):

„Gleiches [Unmöglichkeit einer sach- und fachgerechten Ausübung der gesetzlichen Aufgaben des BR] gilt für die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes. Auch diese Kenntnisse sind für die ständige Arbeit eines (!)jeden Betriebsrats von erheblicher Bedeutung.

Durch das BetrVG und einer Vielzahl anderer gesetzlicher Bestimmungen und sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften ist die Beteiligung des Betriebsrats in derartigen Angelegenheiten angeordnet.“ (Auszug aus der Urteilsbegründung)

Grundkenntnisse zum Arbeits- und Gesundheitsschutz vermittelt unser Inhouse-Seminar:

Psychische Belastungen in Pflegeeinrichtungen.
Psychische Belastungen in Pflegeeinrichtungen.
Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der einzelnen Arbeitnehmer und des Betriebsrats.

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• Grundlagen Datenschutz

Moderne Bildschirmarbeitsplätze, Telefonanlagen, Systeme der betrieblichen Datenerfassung, Internet und zunehmend auch Überwachungseinrichtungen beim betrieblichen Einsatz von E-Mails, Videoanlagen und biometrische Identifikationsverfahren sind in jedem Betrieb installiert.
Dabei wird – auch von Betriebsräten – oft vergessen, dass diese technischen Einrichtungen dazu in der Lage sind (und oft auch in großem Stil dazu eingesetzt werden), das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu kontrollieren.

Vergessen wird auch, dass mit dem § 87 Abs. 1 Nr 7 BetrVG ein hocheffektives Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gibt – bei der Einführung und bei jeglicher Anwendung dieser technischen Einrichtungen.

Da jedes BR-Mitglied in der Lage sein muss, zu beurteilen, inwieweit hier Mitbestimmungs-rechte des BR berührt sein könnten, ist die Teilnahme an einer Schulung über technische Kontrollen und den Datenschutz i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG grundsätzlich erforderlich.

Das LAG Niedersachsen (28.09.1978 – 3 TaBV 3/79) hat hierzu entschieden:

„Kenntnisse, die ein Betriebsratsmitglied für die Arbeit des Betriebsrats auf einer Schulungsveranstaltung erwirbt, sind erforderlich i. S. des BetrVG § 37 Abs. 6, wenn sie für die Betriebsratstätigkeit nicht nur nützlich, sondern „notwendig“ sind.

Die auf einer Schulungsveranstaltung‚ Datenschutz im Betrieb’ erworbenen Kenntnisse sind für die Arbeit des Betriebsrats notwendig.“

Grundkenntnisse zum Datenschutz vermittelt unser Inhouse-Seminar:

Arbeitnehmerdatenschutz – Einführung in ein aktuelles Thema. .

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2. Spezialseminare

Spezialseminare sind dann erforderlich im Sinne des § 37 Absatz 6 BetrVG, wenn sie objektiv und subjektiv erforderlich sind. Objektiv erforderlich sind sie, wenn es dafür einen aktuellen oder absehbaren betrieblichen Anlass gibt.

Subjektiv erforderlich sind sie, wenn dafür im BR Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden, mit denen er seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen kann – diese aber dort nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen. (vgl. BAG v. 19. 7. 1995 – 7 ABR 49/94)
Dann ist der Weg frei für die Teilnahme von BR-Mitgliedern an einem Spezialseminar, in dem diese Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden.

Der Entsendebeschluss zu einer Betriebsratsschulung muss(!) dann immer auch den
„aktuellen oder absehbaren betrieblichen oder betriebsratsbezogenen Anlass“ –
enthalten, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt (BAG a.a.O.).

Von erheblichem Nutzen ist es hier auch, in den Entsendebeschluss und in die Mitteilung darüber an den Arbeitgeber mit aufzunehmen, dass das bzw. die betreffende(n) BR-Mitglied(er) durch Beschluss des BR für die entsprechende Aufgabe zuständig ist (sind).

Ein solches Vorgehen des BR macht die Entsendung auf ein Spezialseminar damit praktisch unangreifbar.

Das BAG drückt das so aus:

„Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten nur dann für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn der Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigt, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können. Dazu bedarf es der Darlegung eines aktuellen oder absehbaren betrieblichen oder betriebsratsbezogenen Anlasses, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt.“ (BAG v. 19. 7. 1995 – 7 ABR 49/94, Auszug Begründung)

Schulungen zu Spezialwissen vermitteln unsere Inhouse-Seminare:

Grundlagen der Dienstplangestaltung.
Protokoll- und Schriftführung – Einführung.
Umstrukturierung von Unternehmen und Betrieb – Umwandlung, Betriebsübergang, Betriebsänderung